31. März 2022

Mensch und Wildtiere, gegen- oder miteinander? GIUB forscht zu Konflikten um Mensch-Wolf-Koexistenzen Mensch und Wildtiere, gegen- oder miteinander? GIUB forscht zu Konflikten um Mensch-Wolf-Koexistenzen

Seit Oktober 2020 forscht Julia Poerting für ihr DFG-Projekt „Konflikte um Mensch-Wolf-Koexistenzen in Norddeutschland - Die Rolle von Technologien, Wissen und Interaktionen“ in Brandenburg und Niedersachsen. Dabei untersucht sie (1) die Wissensproduktion über Wölfe mit Hilfe verschiedener Technologien. Weiterhin analysiert sie (2), wie auf der Basis dieses Wissens der (materielle und diskursive) Raum von Wölfen gesellschaftlich verhandelt wird. Schließlich beschäftigt sie sich mit der (3) Materialisierung des Wissens in Form von Zaunbauten, Gesetzgebungen und Naturschutzprojekten.

Wanderschäferei
Wanderschäferei © Julia Poerting/ GIUB
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Seit Oktober 2020 forscht Julia Poerting für ihr DFG-Projekt „Konflikte um Mensch-Wolf-Koexistenzen in Norddeutschland - Die Rolle von Technologien, Wissen und Interaktionen“ in Brandenburg und Niedersachsen. Dabei untersucht sie (1) die Wissensproduktion über Wölfe mit Hilfe verschiedener Technologien. Weiterhin analysiert sie (2), wie auf der Basis dieses Wissens der (materielle und diskursive) Raum von Wölfen gesellschaftlich verhandelt wird. Schließlich beschäftigt sie sich mit der (3) Materialisierung des Wissens in Form von Zaunbauten, Gesetzgebungen und Naturschutzprojekten.

Das Projekt trägt dazu bei, Konflikte zwischen Menschen und (wieder angesiedelten) Wildtieren besser zu verstehen. Humangeographische Ansätze bieten Impulse, um zu untersuchen, welcher Wert ihnen von verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren zugeschrieben wird und was passiert, wenn die Mobilität von Wölfen die für sie vorgesehenen "Grenzen" herausfordert oder die Tiere menschliche Erwartungen nicht erfüllen.

Technologien für das Monitoring und das Management sind immer soziokulturell eingebettet. Über statistische Kategorien (Rissstatistiken, Totfunde) und verschiedene Formen der Sichtbarmachung (Kamerafallen, Sendehalsbänder, genetische Analysen) werden Mensch-Tier-Verhältnisse neu geordnet.
In der ersten Projektphase standen zwei Technologien im Vordergrund, die in Deutschland besonders häufig Einsatz finden: Kamerafallen, um Wissen über Wölfe zu erlangen und Herdenschutzzäune, um Weidetiere vor Angriffen zu schützen.
Kamerafallen werden weltweit im Artenschutz eingesetzt, um möglichst wenig intrusiv dauerhafte Beobachtungen zu ermöglichen. Dabei entstehen große Datensätze, die mittlerweile häufig mit Hilfe von algorithmisch unterstützen Entscheidungsprozessen analysiert werden. Gemeinsam mit Kollegen der Goethe-Universität Frankfurt und der Senckenberg-Gesellschaft untersucht Julia Poerting, wie die Digitalisierung und Algorithmisierung die Wissensproduktion im Artenschutz verändert.

Die Erforschung der Zäune hat Julia Poerting bisher nicht nur ins Siebengebirge, sondern auch an die Seedeiche bei Cuxhaven und in die Brandenburger Niederungen geführt. Zäune sind eine der zentralen Fördermaßnahmen der Bundesländer, um Weidetiere vor Wolfsangriffen zu schützen. In der Praxis zeigt sich, dass die mannigfaltigen Formen der Weidetierhaltung und auch die landschaftlichen Begebenheiten sehr unterschiedliche Bedingungen für wolfsichere Einhegungen bieten. Die Deich- und Wanderschäferei steht vor besonders großen Herausforderungen, leistet aber gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Arten- und Naturschutz. Zusätzlich läuft die Risikoberechnung (etwa in Form von Zaunhöhen, der Wahrscheinlichkeit eines Angriffs je nach Tierart, oder der Berechnung der Entschädigungssumme) der emotionalen Wertzuschreibung an Weidetiere zuwider. Die oft polarisiert geführten Debatten um die richtigen Schutzmaßnahmen (für Weidetiere und Wölfe) zeigen, dass Artenschutzmaßnahmen interdisziplinäre Lösungsansätze benötigen.

Kamerafallen auf dem Seedeich
Kamerafallen auf dem Seedeich © Julia Poerting/ GIUB
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