12. Juni 2023

Governance der deutschen Wasserstoffwirtschaft und die Globalisierung der deutschen Energiewende Neues DFG-Projekt der AG Wirtschaftsgeographie

Wasserstoffschild und Pipelines.jpg
Wasserstoffschild und Pipelines.jpg - Wasserstoffpipeline in Bitterfeld-Wolfen © Benedikt Walker
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

/english below

Britta Klagge und Benedikt Walker haben ein DFG-Projekt zur Governance der deutschen Wasserstoffwirtschaft bewilligt bekommen, das im Juni 2023 beginnen und insgesamt drei Jahre laufen wird.

Das Forschungsprojekt fokussiert auf die Entstehung der deutschen Wasserstoffwirtschaft und auf ihre globalen Dimensionen. Die deutsche Wasserstoffwirtschaft stellt aus zwei Gründen einen lohnenswerten Forschungsgegenstand dar. Sie besitzt einerseits das Potenzial, die bisher unvollständige, auf den Stromsektor fokussierte deutsche Energiewende fortzusetzen und zu vollenden. Andererseits verspricht sie die Entstehung einer exportorientierten Industrie zur Produktion von Wasserstofftechnologien, weshalb sie auf verschiedenen politischen Ebenen unterstützt und gefördert wird. Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung von Politik und Industrie sowie dem beginnenden Infrastrukturausbau untersuchen wir (a) die Governance der deutschen Wasserstoffwirtschaft im Kontext der Energiewende, (b) die Entwicklung von Governance-Strukturen für die Wasserstoffwirtschaft aus Perspektive missionsorientierter Innovationssysteme sowie (c) die Rolle staatlicher Akteure für die Integration in- und ausländischer Regionen in globale Wasserstoff-Produktionsnetzwerke zur Versorgung des deutschen Marktes.

Damit erschließt das Projekt ein neues Forschungsfeld für die Geographie. Empirisch haben wir hierfür ein auf Nordwestdeutschland fokussiertes Forschungsdesign entwickelt, weil dort die Entwicklung überregionaler Wasserstoffinfrastrukturen ihren Ausgangspunkt nimmt und global gehandelter Wasserstoff über die Seehäfen angelandet werden soll. Basierend auf unseren empirischen Erhebungen wollen wir folgende theoretische Beiträge leisten: Erstens blicken wir aus Perspektive globaler Produktionsnetzwerke auf die Governance der deutschen Energiewende im internationalen Kontext. Hierfür entwickeln wir die Konzepte des strategic sector coupling sowie der networks of lead firms, um die Governance von Prozessen der Sektorenkopplung bzw. die Zusammenarbeit von Leitunternehmen in globalen Wasserstoff-Produktionsnetzwerken zu konzeptualisieren. Zweitens verstehen wir die Wasserstoffwirtschaft als missionsorientiertes Innovationssystem. Dabei streben wir ein besseres theoretisches Verständnis der Governance-Strukturen missionsorientierter Innovationssysteme an, indem wir Grenzen und die Vernetzung von Innovationssystemen im Zuge ihrer Ausrichtung an einer Mission erörtern. Drittens werden wir die Rolle staatlicher Akteure sowie ihre Ziele und Mittel bei der strategischen Kopplung ausländischer Regionen in sich entwickelnde globale (Wasserstoff-)Produktionsnetzwerke konzeptionell ausarbeiten. Viertens leistet das Projekt einen Beitrag zur Transitionsforschung, indem die These untersucht wird, dass mit dem Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft ein neues Paradigma des klimaneutralen Wirtschaftens entsteht, bei dem die Industrie, statt Widerstand gegen die Defossilisierung des Energiesystems zu leisten, aktiv daran mitwirkt.

 /english

The German Research Foundation (DFG) has approved a research project on the governance of the German hydrogen economy, which will start in June 2023 and run for a total of three years. Britta Klagge (PI) and Benedikt Walker will conduct the project.


The research project focuses on the emergence of the German hydrogen economy and its global dimensions. The German hydrogen economy is a rewarding topic for at least two reasons. It has, on the one hand, the potential to complete the so-far primarily electricity-focused German energy transition. On the other hand, it holds the promise for an export-oriented industry for hydrogen technologies, which is why it is politically promoted and supported at various levels. Against the background of the dynamic developments in politics and industry as well as the commencing infrastructure construction, the planned project examines (a) the governance of the German hydrogen economy in the context of the energy transition, (b) the development of governance structures from the perspective of mission-oriented innovations systems, and (c) the role of state actors for the integration of domestic and foreign regions into global production networks for supplying hydrogen to the German market.

The project opens up a new research field for geography. For this purpose, we developed a research design that focuses on Northwest Germany because the development of supra-regional hydrogen infrastructures starts there and globally traded hydrogen will be imported via the region’s seaports. Grounded in our empirical results, our research makes the following theoretical contributions: First, we conceptualize the governance of the German energy transition in an international context from a global production networks perspective. To this end, we develop the concepts of strategic sector coupling and networks of lead firms to improve our understanding of the governance of sector coupling processes and the cooperation of lead firms in global hydrogen production networks. Second, we understand the German hydrogen economy as a mission-oriented innovation system. Thereby, we aim at improving our theoretical understanding of the governance of mission-oriented innovation systems by looking at the boundaries and inter-linkages of innovation systems in the course of their alignment with a mission. Third, we conceptualize the role of state actors, their goals and means in the strategic coupling of foreign regions into global (hydrogen) production networks. Fourth, and finally, the project contributes to transition research by exploring the hypothesis that the hydrogen-economy market ramp-up goes along with establishing a new paradigm of a climate-neutral economy in which industry, instead of resisting the defossilization of the energy system, is actively taking part in it.

Wird geladen