Der Klimawandel gewinnt auch in Deutschland für die Gesundheit der Menschen zunehmend an Bedeutung. Prognosen sagen signifikante gesundheitliche Risiken voraus. Der Zugang zu soliden und aktuellen Informationen ist für eine evidenzbasierte Politik und Praxis sowie die Identifizierung von Forschungslücken unerlässlich. Zu diesem Zweck haben mehr als 90 Autor*innen aus etwa 30 nationalen Behörden und Institutionen zu einer umfassenden Synthese der aktuellen Evidenz in Deutschland beigetragen.
Im zweiten Teilen befassen sich PD Dr. Carsten Busch und Kolleg*innen (Dr. Liza-Marie Beckers, Dr. Enno Nilson, Dr. Marieke Frassl, Dr. Nicole Brennholt, René Kwiatkowski, Dr. Mareike Söder) mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Extremwetterereignissen und den damit verbundenen Risikokaskaden im anthropogenen Klimawandel. Extremwetterereignisse stellen eine der greifbarsten Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels dar. Sie haben in Zahl und Ausprägung zugenommen und eine weitere Zunahme wird erwartet. Damit gehen unmittelbare und mittelbare negative Folgen für die menschliche Gesundheit einher. Neben den unmittelbaren gesundheitlichen Belastungen durch Extremwetterereignisse, wie Verletzungen, treten langfristige Folgen, wie psychische Belastungsstörungen, auf. Diese Belastungen betreffen bestimmte vulnerable Gruppen, z. B. ältere Menschen, Kinder, Schwangere oder Einsatzkräfte in besonderem Maße. Der Blick auf die Risikokaskaden erlaubt es, Vorsorgemaßnahmen für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu entwickeln.
Butsch et al. resümieren in dem Artikel: „Eine zentrale Botschaft ist an dieser Stelle, dass Extremwetterereignisse nur dann Katastrophen auslösen können, wenn sie auf eine vulnerable Bevölkerung und/oder eine vulnerable Infrastruktur treffen. Auch wenn die Komplexität von Mensch-Umweltsystemen es unmöglich macht, alle Wechselwirkungen vorherzusehen, so kann durch Anpassungsmaßnahmen das Risiko erheblich reduziert werden“. Es zeigt sich, dass viele Anpassungsmaßnahmen dabei vor unterschiedlichen Risiken gleichzeitig schützen. Neben planerischen Maßnahmen ist dies vor allem die Erhöhung der Selbstschutzfähigkeit der Bevölkerung durch Wissen und die Stärkung sozialer Netzwerke.
Dazu Carsten Butsch im Gespräch: „Ich sehe drei Prioritäten beim Schutz vor den gesundheitlichen Folgen von Extremwetter: Erstens: Überprüfung und Anpassung der Schutzniveaus – sind unsere Pläne noch zeitgemäß? Zweitens: Lernen aus der Vergangenheit – wo entstehen Risikokaskaden und wie lassen sie sich vermeiden? Drittens: Stärkung der Resilienz in der Bevölkerung – wie können in der Zivilgesellschaft Netzwerke gestärkt werden, die in den ersten Stunden nach einem Schadensereignis von großer Bedeutung sind?“